Vermüllung
Müllkippe Meer
Die meisten Urlaubsregionen entlang der Ostseeküste werden während der Hochsaison jeden Morgen gereinigt, so dass nicht auffällt, dass Wellen nicht das Einzige sind, das an den Strand schwappt. Nach starken Stürmen jedoch wirft das Meer auch andere Dinge an den Strand, die natürlicherweise nicht zum Lebensraum Ostsee gehören: leere Plastikflaschen, vergilbte Sonnencremetuben, Plastiktütenreste, abgerissene Angel- und Ballonschnüre und vieles mehr. Leider ist dieser unschöne Abfall unserer Zivilisation nur die Spitze des Müllbergs, der sich in den Meeren dieser Welt befindet.

Schätzungen gehen davon aus, dass sich mittlerweile zwischen 100 und 142 Millionen Tonnen Müll in den Meeren befinden. Jährlich werden bis zu 10 Millionen weitere Tonnen eingetragen. Die ans Ufer gespülten Plastikteile machen davon nur ungefähr 15% des Mülls aus; weitere 15% treiben auf der Wasseroberfläche, während der Großteil des Mülls, mehr als 70%, auf den Meeresboden sinkt und dort verborgen bleibt – gemäß der Devise "aus den Augen, aus dem Sinn".
Der Ursprung allen Übels
Besonders entlang der Schifffahrtslinien der Ostsee zeugen Ansammlungen von Müll von unserem nicht nachhaltigen Konsum- und Wegwerfverhalten. Fischer ziehen mit ihren Netzen Farbeimer, Computerbildschirme, Autoreifen und alte Kühlschränke an Bord. Drei Viertel des unfreiwillig gefischten Abfalls bestehen aus Kunststoff, rund 15% ist Holz, während Papier, Glas und Metall zusammen knapp ein Zehntel ausmachen.

Trotz weitreichender internationaler Verträge, die die Einbringung von Abfall ins Meer strikt verbieten oder stark begrenzen (z. B. MARPOL-Abkommen, Londoner Konvention), nimmt die Menge des Mülls im Meer nicht ab. Neben dem nur schwer vermeidbaren Verlust von Ladung – immerhin fallen jährlich circa 10.000 Container über Bord – oder Fischfangzubehör durch schweren Seegang landet teilweise auch vorsätzlich Müll von Schiffen im Meer. Eine weitere große Eintragsquelle ist der Tourismus, von dem 35% des Mülls stammen. Der Mülleintrag ist allerdings nicht allein auf die Schifffahrt und den Strandtourismus zurückzuführen. Ein Großteil des Mülls, ungefähr 80%, wird aus den Binnenländern durch Wind und Wasser über die Flüsse in die Meere getragen. Seinen Ursprung nimmt das Übel damit nicht nur direkt auf See, sondern geht auch alle Landbewohner etwas an.
"Marine Abfälle sind alle langlebigen, gefertigten oder verarbeiteten beständigen Materialien, die durch Wegwerfen oder als herrenloses Gut in die Meeresumwelt gelangen." (Umweltprogramm der Vereinten Nationen, 2005a).
Auswirkungen von Plastik auf die Meeresumwelt
Aufgrund der großen Menge, die ins Meer gelangt und in vielen Ozeanbereichen riesige Müllstrudel bildet, sowie seiner extremen Langlebigkeit von mehreren hundert Jahren stellt Plastikmüll das größte Problem für die Meeresumwelt dar. Viele Tierarten sind durch den Eintrag von Abfall in die Meere auf verschiedene Art und Weise, sowohl direkt als auch indirekt, beeinträchtigt und lebensbedrohlich gefährdet.


Meeressäuger, Vögel und auch Fische verfangen sich vor allem in entsorgten oder verlorenen Fischernetzen (Geisternetzen) und Plastikringen von Getränkedosen. Als Folge ertrinken oder ersticken sie. Seevögel verwechseln glitzernde Plastikfolie mit Beutefischen, verschlucken teilweise scharfkantige Kleinteile und haben dadurch ein ständiges Sättigungsgefühl. Sie verhungern bei vollem Magen oder sterben durch innere Verletzungen. Eine 2012er Studie des Bundesamts für Naturschutz belegt zum Beispiel, dass 97% der Eissturmvögel der deutschen Nordsee Plastikteile im Magen haben. Auch Seehunde, Schweinswale und Fische verenden auf diese Weise jämmerlich.
Gerade wenn Kunststoff durch die Einwirkung von Salzwasser, Sonneneinstrahlung und Wellen zerrieben und zerkleinert wird, stellt er eine besondere Gefährdung für das gesamte Ökosystem Ozean dar. Aber auch das sogenannte Mikroplastik, dessen Teilchen höchstens fünf Millimeter messen, ist mittlerweile in allen Bereichen des Meeres vorhanden. Es entsteht nicht nur durch Zerkleinerung, sondern ist auch in Reinigungsmitteln oder Zahnpasta als Schleifkörper enthalten, oder es entsteht als Faserabrieb von Polyester- oder Polyacrylbekleidung (z.B. Fleece-Pullover). Diese winzigen Fasern und Körnchen können auch von Kläranlagen nicht vollständig zurückgehalten werden und gelangen so ins Meer, wo sie selbst von Kleinstlebewesen aufgenommen werden und sich im Nahrungsnetz anreichern.
Durch die Zerkleinerung werden außerdem giftige Inhaltsstoffe wie Bisphenol A (BPA), Phthalate oder Styrolverbindungen freigesetzt, die dauerhaft Erbgut und Hormonhaushalt mariner Lebewesen schädigen können. Studien weisen darauf hin, dass BPA schon in geringen Dosen auch auf den Hormonhaushalt des Menschen wirkt und zu Fehlgeburten und Fortpflanzungsproblemen führen kann. Auf der Oberfläche der kleinen Kunststoffpartikel sammeln sich zudem gelöste Umweltgifte wie das Insektizid DDT oder aber polychlorierte Biphenyle (PCBs) an. Planktonfressende Tiere wie Fische und Wale verschlucken auch die giftigen Kunststoffpartikel. Dadurch reichern sich die Schadstoffe in ihren Körpern an, gefährden die Tiere und machen sie anfälliger für Krankheiten. Über die Nahrungskette gelangen die Schadstoffe dann letztendlich auch auf den Teller des Menschen.
Darüber hinaus tragen die zusätzlich eingetragenen, oft weit treibenden Müllpartikel im Wasser zur Einführung von gebietsfremden Arten (Neobiota) bei, die an entfernten Orten das natürliche Ökosystem beeinträchtigen können. Die Globalisierung findet daher nun auch im Meer statt.
Auswirkungen von marinem Müll auf die Wirtschaft
Nicht nur Meeresbewohner, auch die Schifffahrt ist durch den maritimen Müll gefährdet oder zumindest behindert. Große Müllteile beschädigen Schiffe, verursachen Reparaturkosten und längere Liegezeiten in Docks; Netze und Taue verfangen sich in Ruder und Schiffsschrauben; aufgegriffener Müll sorgt für zusätzliche Müllentsorgungskosten.
In der Fischerei kommt es durch die Schadstoffbelastung der Meerestiere zu Fang- und finanziellen Einbußen, aber auch zu direkten Beeinträchtigungen wie durch Treibgut zerstörte Netze.
Einer der an Küsten wichtigste Wirtschaftssektor, der Tourismus, muss durch marine Abfälle erhöhte Reinigungs- und Entsorgungskosten im Strandbereich auf sich oder aber Einbußen bei den Besucherzahlen hinnehmen. Unreine Strände, von Müll zerstörte Unterwasserwelten sowie schadstoffbelastete Meeresfrüchte und Fische sind Gefährdungen jeden Tourismusbetriebs und schrecken Gäste ab, die an ihrem Urlaubsziel zumeist eine unberührte Natur erwarten.
Wussten Sie, dass...
... in manchen Regionen die Menge des Mülls sechsmal so groß ist wie die des Planktons? Diese Regionen werden auch "Müllstrudel" genannt. Der größte von ihnen befindet sich im Pazifik nordwestlich von Hawaii. Auf einer Fläche von der Größe Mitteleuropas treiben dort schätzungsweise 3 Millionen Tonnen Müll im Meer.

Lösungsansätze
Illegale Müllentsorgungen auf hoher See lassen sich leider nicht kontrollieren. Die Stellschraube zur Entlastung der Meere liegt an anderer Stelle.
Oft fischen die Fischer Müll aus dem Wasser, kippen ihn jedoch ins Meer zurück, denn die Entsorgung im Hafen ist kosten- und zeitintensiv. Unbedingt erforderlich ist daher eine kostenlose Entsorgung des Mülls im Hafen, so wie es in Dänemark und Polen bereits seit Jahren üblich ist.

Was können wir tun?
Unter anderem führt der BUND regelmäßige Strandreinigungsaktionen durch, an denen jeder teilnehmen kann, der sich im Kampf gegen das Plastik in den Meeren engagieren möchte.
Allerdings bekämpft das nur die Folgen, nicht die Ursachen. Hier kann jeder im Alltag etwas zum Schutz der Meereslebewesen beitragen. Das Motto lautet: Rethink, Reduce, Re-use und Recycle.
Rethink! – Umdenken: Betrachten wir unseren persönlichen Konsum an Plastikgütern an einem Tag, wird uns erst bewusst, wie umfassend Plastik in allen Lebensbereichen vorkommt. Es ist jedoch auch erstaunlich, wie viele Alternativen es gibt. Diese sind beispielsweise im BUND-Ratgeber "Achtung Plastik" aufgeführt.
Reduce! – Reduzieren: Am besten vermeiden wir den eigenen Verbrauch an Plastikverpackungen. Mit 33% sind sie schließlich das größte Einsatzgebiet für Kunststoffe.
Re-use! – Wiederverwenden: Wir leben in einer Wegwerf-Gesellschaft. Doch viele Dinge können anderweitig oder von anderen genutzt werden. Als Alternative zu Plastikmaterialien kann man wiederverwendbare Stoffe und Materialien aus ungiftigen Substanzen nutzen. Nutzen Sie zum Beispiel Stoffbeutel für Ihren Einkauf, in die man Obst und Gemüse auch lose einpacken kann.
Recycle! – Wiederverwerten: Die womöglich schönste Form des Recycelns und damit Upcycelns sind Tetrapaks, die zu Geldbeuteln werden oder Flaschen, die als Lampenschirme dienen. Sorgen wir für eine sachgerechte Entsorgung zu Hause und auch außerhalb. Kunst- und andere Reststoffe sind Wertstoffe!
Tipps zur Müllvermeidung
... Benutzen Sie eine Einkaufstasche! Verzichten Sie auf Plastiktüten!
... Trinken Sie Wasser aus Glasflaschen! Verzichten Sie auf Einweg-Plastikflaschen!
... Kaufen Sie verpackungsarme Produkte und Obst und Gemüse ohne Umverpackung!
... Recyceln Sie Plastik, so oft es geht.
... Entsorgen Sie Ihren Müll ordentlich.
... Kompostierbare Biokunststofftüten sind noch keine Lösung. Sie verrotten im gewöhnlichen Abfallbetrieb zu langsam und wandern oftmals in die Abfallverbrennung.
... Seien Sie ein Vorbild für Ihre Kinder und Freunde und ermutigen Sie sie, möglichst auf Plastik zu verzichten!

BUND-Müllkampagne "Plastik – weniger ist Meer" und mehr Hintergrundmaterial auf den BUND-Meeresschutz-Seiten unter www.bund.net/meer
BUND-Flyer "Meer ohne Plastik"
BUND-Broschüre "Achtung Plastik"
BUND-Flyer "Das kommt mir nicht ins Meer!"
BUND-Flyer "Mikroplastik – die unsichtbare Gefahr"
BUND-Einkaufsratgeber "Mikroplastik"
BUND-Broschüre "Plastic – it's not fantastic..."
BUND "Müll-Manifest für die europäischen Meere"